10. Mai 2020

Liebe HauptstadtTV-Gemeinde, heute ist der Sonntag Kantate.

„Singet dem HERRN ein neues Lied!“ aus Psalm steht für diesen Sonntag und diese Woche. An diesem Sonntag dürfen wir wieder zurück in unsere Kirchen. Der so in der Menschheitsgeschichte einmalige globale Shutdown auch für Gottesdienstorte, für Kirchen, Synagogen und Moscheen, wird nun gelockert. Aber das Singen ist in Rücksicht auf den Nächsten in unseren Gotteshäusern nicht empfohlen. Also eigentlich geboten, es nicht zu tun. Und das am Sonntag Kantate! Wenn wir Gott doch eigentlich ein Neues Lied singen wollen und sollen. Das ist so gegen mein Gefühl und Herz, dass wir nun, obwohl wir in die Kirche dürften, an diesem Sonntag davor bleiben. Lieber vor der Kirche singen, als in der Kirche nur beten. Denn wer singt, betet doppelt. Und das ist doch nicht nur eine Behauptung von Augustinus, sondern er hat es erlebt und gespürt.

Wenn man singt, dann vibriert der ganze Leib mit, dann muss man doppelt soviel Luft holen, als wenn man nur betet. Ob allein, im stillen Kämmerlein oder in der Kirche mit der ganzen Gemeinde. Und Singen, vor allem gemeinsam Singen fehlt uns allen doch am allermeisten. Gebetet haben viele von uns in den letzten Wochen so viel wie noch nie. Aus Angst und mit Hoffnung. Ich will auch in Zukunft gern negativ getestet sein, aber positiv denken. Und will Balance halten. Den richtigen Ton halten. Das fällt vielen zunehmend schwer, vor allem in der Politik, die auf den Meinungsumfragen surft. Und sie beginnen einen Wettlauf um die meisten Lockerungen. Aber das ist genauso dumm wie die wachsende Oberbedenkenträgerei. Die grassierende hygienical correctness, die immer noch eins draufpacken will auf die Vorgaben der Bundesregierung. Wie ich es immer wieder gerade in unserer Kirche sehe, lese und erlebe. Ich bleibe evangelisch und werde nicht wie so viele in den letzten Wochen ev-ängstlich.

Deshalb lassen sie uns bitte singen am Sonntag Kantate. In dieser Not dann eben vor der Kirche. Mit dem nötigen Abstand. Überall, wo wir können. Luther hat nicht nur selber viel gesungen, sondern auch der Kirche das Singen beigebracht. Zuvor wurde nur in der Kirche gesungen, aber nicht wirklich von der Kirche. Die Mönche, die Chorherren sangen im Hohen Chor für die Gemeinde, für das einfache Volk. Aber Luther hat der Kirche das Singen ermöglicht. Alle sollten singen. Weit über 30 Lieder in unserem Gesangbuch sind von ihm. Manchmal gar ist beides von ihm, Text und Melodie, wie z.B. bei der Marseillaise des Protestantismus „Ein feste Burg ist unser Gott“.

Von Paul Gerhardt, der in Luthers Fußstapfen ging, kommen 24 Lieder und von Jochen Klepper aus Nikolassee 12 Lieder unseres Gesangbuches. Wir sollen uns die Nachtigall als Vorbild nehmen, denn sie macht alles fröhlich überall mit ihrem lieblichen Gesang. Sie ist die rechte Sängerin, der Musika ein Meisterin, wie Luther es in einem seiner schönen Lieder singt. Und wir sollen singen, weil zu Singen am wirksamsten ist gegen den Teufel, gegen das Böse, gegen alle Formen von Depression und Niedergeschlagenheit. Denn wir wissen doch: Wo man singt, da lass Dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder. Wenn man singt, treibt man sich selbst die Bösheit aus. Denn wer singt oder zumindest Lieder hört und mitsummt, vielleicht nur in Gedanken, der schwingt sich in die Sphären Gottes. Denn das denken wir doch alle, obwohl wir nichts wissen vom Himmel, weil wir noch nicht da waren, aber stellen es uns dort als ewige Harmonie, als Konzert der Engel vor. Und selbst wenn wir unsere Klage in Trauergesänge legen, wie es Jeremia mit seinen Klageliedern gemacht hat, wie es Psalmbeter mit ihren Psalmen gemacht hat, so dass Jesus dann sogar einen Psalm am Kreuz herausgeschrien hat.

Die Psalmen sind das Liederbuch Gottes, sagt Luther und die Reformierte Kirche hat einen Psalter, eine Vertonung aller 150 Psalmen, die sie regelmäßig jeden Sonntag im Gottesdienst singen. Und so wahr es ist, dass wir viel von unserer Mutter Kirche, der Katholischen Kirche gelernt haben, so wahr ist es, dass das Singen aller zum Lobe Gottes, die Katholiken von uns und mit uns gelernt haben.

Zu Singen ist systemrelevant. Denn eine Kirche, die nicht mehr singt, eine Gesellschaft, die nicht mehr singt, die ist im Sterben und bereitet sich stumm und bescheiden auf das ewige Singen bei Gott vor. „Der Herr aber wird dir in allen Dingen Einsicht geben.“ ist der Lehrtext für heute, den Paulus an Timotheus schreibt. Singen gibt uns Einsicht in die Urgründe unserer Seele! Singen bringt uns zum Schwingen. Singen ist die wirkliche und beste Lockerung, die sein muss, damit wir leben. Wer singt, wird nicht wehleidig, wie es manche in den letzten 6 Wochen geworden sind, sondern selbstbewusst. Weil er sich selber im Singen ganz anders erlebt! In den Schwingungen, die aus dem Singen hervorgehen, weil wir ja beim Singen selber schwingen. Und auf diesen Schwingen kommen wir Gott näher als sonst im Leben oder im Gebet. Denn Gott singt mit uns, wenn wir singen. Bleiben sie gesundBehütet.